„Hopp oder Top“ hieß eine Gameshow in den frühen 1990er Jahren. Und wie dort die KandidatInnen mit schönen Preisen oder leer ausgingen, so ist es auch bei den kommenden Berufsschulklassen für ErzieherInnen in Halle. Junge Menschen mit dieser Ungerechtigkeit für den Beruf zu begeistern, ist kaum möglich.
Stellen Sie sich vor …
… Sie absolvieren eine Ausbildung und zwar die Gleiche, wie eine Bekannte. Ihre Bekannte sammelt wertvolle Praxiserfahrung und erhält für eine Auszubildende wirklich ordentliches Entgelt. Sie bekommen Praxis nur in kleinen Happen serviert, leben vom mickrigen Schüler-BAföG und arbeiten nebenbei, um überhaupt über die Runden zu kommen. Schwer vorstellbar, aber Sie beide werden danach ErzieherIn sein.
Zwei unterschiedliche Berufsschulklassen ErzieherInnen im kommenden Schuljahr
In Halle werden im kommenden Schuljahr an der Berufsbildenden Schule V zwei Berufsschulklassen ErzieherInnen ausgebildet. Das ist gut, denn demnächst gehen viele ErzieherInnen in Rente. Leider sind es noch nicht genug Auszubildende, um die Zahl der RuheständlerInnen abzufedern. Doch darüber will ich nicht schreiben, sondern über den Umstand, dass die SchülerInnen der zwei Klassen anders behandelt werden.
Vollschulische vs. Praxisintegrierte Ausbildung (PiA)
Die eine Klasse wird ihre Ausbildung in einer vollschulischen Berufsschulbildung absolvieren. Die andere Klasse ist eine sogenannte praxisintegrierte Berufsschulklasse oder kurz PiA.
Vollschulisch bedeutet für die Auszubildenden:
Die Ausbildung wird hauptsächlich an der Berufsschule absolviert.
Es gibt Praktika, um in die Praxis zu schnuppern.
Schüler-BaföG kann hierfür beantragt werden.
PiA bedeutet für die Auszubildenden:
Die SchülerInnen sind von Beginn an bei einem Träger einer Kindertagesstätte angestellt.
Sie sind zwei Tage pro Woche und in den Ferien die ganze Zeit in einer Kita oder Hort.
Die SchülerInnen erhalten an den öffentlichen Dienst tarifgebundenes Lehrlingsentgelt.
Was soll diese Ungerechtigkeit?
Die Ungerechtigkeit zwischen den beiden Berufsschulklassen ist mit den Händen zu greifen. Die einen haben Glück gehabt. Sie sind Top. Die anderen müssen sich mit Schüler-BaföG abfinden und sicherlich nebenbei arbeiten gehen, um sich halbwegs durchzuschlagen. Sie sind Hopp.
Ich denke
PiA ist zu begrüßen und sollte die Zukunft sein. Das Lehrlingsentgelt ist ein Baustein, um die Attraktivität des ErzieherInnenberufes für Jugendliche zu erhöhen. Es muss Standard werden, dass die Ausbildungszeit entgolten wird.
PiA sorgt außerdem dafür, dass Theorie und Praxis Hand in Hand gehen: Ein Zugewinn für die Qualität der Ausbildung.
Aktuell noch der Standard
Vollschulische Berufschulgänge sind wirklich sehr oft in den Sozial- und Gesundheitsberufen zu finden. Das ist aktuell der Standard und trägt nicht dazu bei, das Ansehen dieser Berufsfelder zu steigern. Genau das ist aber dringend notwendig, denn wir brauchen Menschen, die sich um Kinder, Alte und Kranke kümmern mehr denn je.